unbekannt
(seit )

Stoppt die Transkartei

Mi., 2025-07-30 19:20 geekfem überwachung
lilly skye

Einordnung

Seit Anfang Juli ist bekannt, dass das Bundesinnenministerium einen Referentenentwurf mit dem sperrigen Titel “Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen” herausgegeben hat (hier das PDF).

Der CCC Hansestadt Hamburg e. V. bezieht in einem offenen Brief Stellung zu dem Vorschlag und fordert den Ersten Bürgermeister und die Zweite Bürgermeisterin Hamburgs, die auch die Hamburger Landesregierung im Bundesrat vertreten, dazu auf, diesen Referentenentwurf abzulehnen, falls es zu einer Abstimmung im Bundesrat kommt.

Eine Kartei von Personen, die das Selbstbestimmungsgesetz in Anspruch genommen haben, stellt trans* Personen unter Generalverdacht und setzt sie einer hohen Gefahr von Diskriminierung oder gar Gewalt aus. Sensible Daten wie den alten Namen und Geschlechtseintrag am Ende für praktisch alle Behörden abrufbar zu machen, verstößt gegen jedes Verständnis von Datenschutz.

Als Verein, dessen ehrenamtliche Arbeit zu großen Teilen von trans* Personen getragen wird, sieht der CCCHH sich in der Verantwortung, sich öffentlich zu diesem Thema zu äußern. Datenschutz und staatliche Überwachung gehören zu unseren Kernthemen, und mit dem vorliegenden Referentenentwurf werden auch unsere Clubmitglieder allein wegen ihrer Geschlechtsidentität zur Zielscheibe rechtspopulistischer Überwachungspolitik.

Der Brief mit dem Titel: Verhindern Sie jetzt die Transvestiten-Kartei durch den Referentenentwurf zur Umsetzung des SBGG im Meldewesen

Sehr geehrte Frau Fegebank, sehr geehrter Herr Dr. Tschentscher,

wir schreiben Ihnen aufgrund des Referentenentwurfs aus dem Bundesinnenministerium, der darauf abzielt, alle Personen, die ihren Namen oder Geschlechtseintrag nach dem Selbstbestimmungsgesetz geändert haben, in einer neuen Kartei zu registrieren.

Der CCC Hansestadt Hamburg e. V. ist ein Verein aus der demokratischen Mitte Hamburgs. Wir engagieren uns in den Bereichen Datenschutz, Datensicherheit und Technik, stellen der Zivilgesellschaft unser Fachwissen zur Verfügung und bieten Orte des Austauschs. Auch anderen Gruppen und Vereinen stehen die Mitglieder unseres Clubs regelmäßig mit Rat und Tat zur Seite. Unser offener und diverser Verein ist auch ein Zuhause für viele queere und trans* Personen, die von dem Entwurf des Bundesinnenministeriums unmittelbar betroffen sind.

Als Spezialist*innen für Datenschutz arbeiten wir stets mit dem etablierten Grundsatz, dass die Anzahl der erfassten Daten minimiert und der Zugang zu vorhandenen Daten effektiv abgesichert werden muss. Der Vorschlag des Bundesinnenministeriums, den zentralen Meldedatensatz um Punkte zu ergänzen, welche zweifelsfreien Aufschluss über die Trans*-Identität von Bürgerinnen und Bürgern geben, schockiert uns deshalb gewaltig.

Sollte der Referentenentwurf unverändert in Kraft treten, wären diese Informationen praktisch sämtlichen Mitarbeitenden aller Behörden mit Zugriff auf das Melderegister zugänglich, denn in der Praxis findet keine wirksame Zugriffsbeschränkung oder -protokollierung statt. Es handelt sich hierbei jedoch um hochgradig sensible Daten, da die betroffenen Personen vermehrt von Diskriminierung und Hasskriminalität bedroht sind.

Deutschland hat mit dem Selbstbestimmungsgesetz 2024 einen deutlichen Schritt in Richtung Gleichberechtigung und Selbstbestimmung für transgeschlechtlich lebende Menschen gemacht. Aus gutem Grund enthält dieses Gesetz auch ein Offenbarungsverbot für die ursprünglichen, falschen Daten, die besonders geschützt werden müssen.

Vorstöße wie der vorliegende Referentenentwurf zielen auf einen Rückschritt zu einer verschlossenen und diskriminierenden Gesellschaft, in der trans* Menschen ausgegrenzt und mit Misstrauen behandelt werden – obwohl sie seit Jahrzehnten nichts anderes fordern, als in Frieden ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Wir setzen unser Vertrauen in Sie als Vertreter*innen der zwei größten sozialen Parteien Deutschlands, unsere Grundrechte zu schützen. Besonders in Bezug auf die aktuellen politischen Entwicklungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein einmal angelegter Datensatz in Zukunft auch auf andere Art und Weise verwendet oder missbraucht wird. Wenn trans* Personen in einer gesonderten Kartei registriert werden, lässt sich diese Liste nur allzu leicht auf dieselbe Art und Weise verwenden wie einstmals die sogenannten “Rosa Listen”, anhand derer homosexuelle Männer in Deutschland verfolgt wurden.

Daher verlassen wir uns darauf, dass Sie die berühmte Hamburgische Weltoffenheit auch auf Bundesebene vertreten und diesen Entwurf ablehnen werden, falls es zu einer Abstimmung im Bundesrat kommt.

Beste Grüße, CCC Hansestadt Hamburg e.V.

Veröffentlicht: 2025-07-30 19:20